Der Begriff „Black Box“ bezeichnet allgemein ein System, dessen Funktionsweise unklar ist: Die Abläufe im Inneren des „schwarzen Kastens“ sind unbekannt.
Unabhängig vom Anwendungsbereich – verwendet wird diese Bezeichnung in der Psychologie, der Kybernetik und der Systemtheorie ebenso wie in der Informatik und auch im Alltagsleben – zeichnet eine Black Box immer aus, dass ein Input darin nach unbekannten Regeln oder Methoden verarbeitet wird und zu einem Output führt.
Der Input kann dabei ein Reiz oder Stimulus sein, eine Zufuhr von Energie, Material oder Information oder von Daten. In der Black Box wird der Input verarbeitet. Daraus entsteht ein Output: eine Reaktion, Response, Antwort oder Aktion, die Ausgabe von Energie, Material, Information oder Daten.
Aus Kundensicht kann die gesamte Wertschöpfungskette – die Supply Chain von der Gewinnung der Rohstoffe über deren Verarbeitung und die Herstellung des Produkts bis hin zu dessen Auslieferung an den Handel und die Übergabe an den Endverbraucher – „End-to End“ (E2E) als Black Box interpretiert werden. Dies trifft insbesondere auf die globalen Warenströme und Dienstleistungen zu: Was wann wo genau passiert, ist für Außenstehende meist unklar. Welche Organisationen, Standorte und Produktionsfaktoren – Menschen, Maschinen und Materialien – wie einbezogen werden, bleibt meist im Dunkeln. Einen „ökologischen Fußabdruck“ oder soziale Auswirkungen zu bestimmen, wird damit beliebig schwierig.
Für einen Kunden, der eine Ware oder ein Gut erwerben möchte, ist das Unternehmen, das dieses Objekt als Output erzeugt, als System eine Black Box: Wie die Leistung erbracht, die Wertschöpfung generiert wird, ist für ihn zunächst einmal unerheblich. Er liefert – als Nachfrager – nur den Input durch den Kauf oder in Form einer Bestellung als Produktionsanreiz. Auch bei einem individualisierten Produkt wie etwa einem von Kundenseite konfigurierten Automobil ist für den Abnehmer nicht von Interesse, wie sein Auftrag in der Produktionsanlage oder Fertigungsstraße umgesetzt wird. Wichtig ist für ihn vorrangig die Auslieferung des Fahrzeugs in der gewünschten Ausstattung zum vereinbarten Termin und zum zugesicherten Preis.
Für ein Unternehmen, das als Abnehmer Bauteile oder Module von einem Lieferanten bezieht, sind diese Fertigwaren oftmals ebenfalls eine Black Box. Der Entwurf und der innere Aufbau von beispielsweise Elektromotoren, die als Stellmotoren in Fahrzeuge eingebaut werden, ist für einen Automobilbauer eher unerheblich – wichtig für ihn ist die Erfüllung der in den technischen Spezifikationen niedergelegten Anforderungen an Leistungsmerkmale, Abmessungen und Schnittstellen, damit die Black Box an der dafür vorgesehenen Stelle im Endprodukt eingebaut werden kann. Diese Art der Fertigung von Zulieferteilen wird von Lieferantenseite auch mit dem Begriff „Black-Box-Produktion“ belegt.
Aber auch für Endkunden – sprich Endverbraucher, die sich ein technisches Gerät anschaffen – ist das Produkt meist eine Black Box. Was genau im Inneren abläuft, ist nur von geringem Interesse – Hauptsache, die Funktionalität, die Gebrauchsfähigkeit und die Produktsicherheit sind gewahrt. Einige Hersteller von Kommunikationselektronik, Haushalts- und anderen Elektrogeräten machen sogar ein Öffnen der Black Box unmöglich, damit keine Reparaturen durchgeführt werden können und nur eine Neuanschaffung Ersatz bietet.
Unter einer Systemanalyse versteht man die planmäßige Untersuchung und Bewertung einer abgrenzbaren Funktionseinheit, die eine bestimmte Aufgabe erfüllt. Diese wird zunächst als Black Box betrachtet, um deren nach außen, über ihre Systemgrenzen hinaus sichtbares Verhalten zu bestimmen. Gemessen werden zunächst nur die Input-Output-Beziehungen nach dem EVA-Prinzip, also in Bezug auf Eingabe, Verarbeitung und Ausgabe. Ein so analysiertes System kann ein Gerät oder eine Maschine sein, aber auch eine soziotechnische, also aus Menschen und technischen Einrichtungen bestehende Einheit, beispielsweise die Produktionsabteilung in einem Unternehmen, der ambulante Essensservice eines Pflegedienstes oder ein Amt in der öffentlichen Verwaltung.
Systeme werden üblicherweise folgendermaßen dargestellt:
Vorliegende Informationen über die Elemente der Black Box sowie ihre innere Struktur und die Funktionsweise werden dann sukzessive einbezogen, um die Darstellung des Systems zu verfeinern. Damit können Teil- oder Untersysteme auf verschiedenen Systemebenen dargestellt werden – etwa in Form einer Produktspezifikation durch eine technische (Aus-)Schnitt- oder Explosionszeichnung oder die Aufbauorganisation einer Abteilung in Form eines Organigramms. Daraus resultiert – insbesondere bei komplexen Systemen – ein Modell als abstraktes und damit unvollständiges Abbild der Realität. Dennoch werden mit einer solchen Systemanalyse Aussagen über Entwicklungen und Verhaltensweisen des Systems in Form von Szenarien möglich. Diese können dazu herangezogen werden, um über eine Um- und Neugestaltung von Prozessen und Strukturen nachzudenken.
Wird eine Systemanalyse als Untersuchung und Bewertung eines Vorgangs, Arbeitsablaufs oder Auftragsdurchlaufs eingesetzt, kann sie als Grundlage dafür dienen, effizientere Methoden zu identifizieren und einzuführen. Denn durch die Reduktion auf das Wesentliche – den Input und den Output –, kann die Ebene der Verarbeitung, das System selbst, vollkommen neu gedacht werden. Die Fixierung auf die Verbesserung der bisherigen Lösung (Kaizen, KVP) kann aufgelöst, neue Denkräume können eröffnet werden. Dies schafft die Möglichkeit eines auch radikalen Neuanfangs (Kaikaku).
Der Ersatz einer patriarchalisch-hierarchischen Führungskultur oder einer (angebotsgetriebenen) Push-Strategie in der Produktion durch die Verbreitung und Umsetzung des Lean-Ansatzes in Management oder die Umstellung auf eine (nachfragegetriebene) Pull-Strategie in der Produktion mit der Vermeidung von Verschwendung (Muda) und der ganzheitlichen Kundenorientierung kann dafür als Beispiel dienen.
Bei der kontinuierlichen Optimierung kann die Black Box helfen, ein System genau abzugrenzen und dann immer weiter durch seine Analyse zu spezifizieren. Basis der Systemanalyse sind oft automatisch auf Prozessebene – etwa im Rahmen des Qualitätsmanagements – und manuell durch Begehungen oder Befragungen erhobene Daten – beispielsweise durch Zeiterfassungen (Methods Time Measurement, MTM), Multimomentaufnahmen (MMA) sowie erfasste Vorgangselemente. Auch ein Process Mining kann durchgeführt werden. Bei diesem wird die digitale Spur von Abläufen und Vorgängen aus Daten, die bei Transaktions- und Kommunikationsprozessen entstehen, verfolgt und zur Bewertung des Prozesses herangezogen. Software-Systeme wie Enterprise-Resource-Planning- (ERP-), Produktionsplanungs- und -steuerungs- (PPS-) oder betriebswirtschaftliche Systeme wie SAP können ebenso wie Tabellenkalkulationsprogramme, Datenbanken oder Log-Files dazu genutzt werden. Die Auswertung der Daten liefert Anhaltspunkte für die Prozessoptimierung (Kaizen) zur Steigerung der operativen Exzellenz, Compliance und Prozessqualität oder eine notwendige grundlegende Neuausrichtung eines Ablaufs (Kaikaku).
Black Boxes sind weit verbreitet in Wissenschaft, Technik und Alltagsleben. Denn in vielen Bereichen ist nicht interessant, wie ein System funktioniert, sondern nur, welchen Input es benötigt, welchen Output es erzeugt und welche Schnittstellen es an seinen Grenzen zur Umwelt hat.
Eine Black Box kann aber wichtig werden, um ein System unvoreingenommen zu betrachten und auf seine Funktion zu reduzieren. Dies beseitigt Denkblockaden, die bei der (unbewussten) Berücksichtigung von bestehenden Gegebenheiten vorliegen, und eröffnet Freiräume für völlig neue Lösungsansätze. Dies ist ein Ausgangspunkt für radikal neue, effektivere Verfahren, die Wettbewerbsvorteile versprechen.
Die Black Box kann auch genutzt werden, um ein System abzugrenzen und danach zu spezifizieren und sukzessive zu analysieren. Dies ist der Ansatzpunkt für eine Optimierung des bestehenden Systems. Daraus ergeben sich Effizienzgewinne, die ebenfalls die eigene Position im Wettbewerb verbessern können.
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